Tipps zum Gebrauchtkauf CB 900 F BOL D'OR :

 

Okay, nun stand sie also da, die Nachfolgerin von der legendären CB750 Four
Was tun, wenn man sich dennoch für eine, gebrauchte Bol d'Or interessiert? Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Entweder Nerven zeigen und sich den kleinen Schwächen, wie das Pendeln nicht beeindrucken laßen....
Oder radikal umbauen:
Zum Beispiel mit strafferen progressiven Gabelfedern, Gabelstabilisatoren, Koni- oder Marzocchi-Stoßdämpfern, Kastenschwingen von Fischer, Hillmer oder Krüger&Junginger, Präzisionslenkkopflager von Schwarz oder auch mit anderen Felgen und breiterer Bereifung.

Oder Geld sparen und einfach nicht so schnell fahren.

Das bietet sich bei dieser Honda ohnehin an, denn auch für Tankstellenpächter erweist sie sich als goldene Schüssel. Vollgasfahrten werden mit Verbräuchen nicht unter 10 Litern auf 100 Kilometer bestraft, bei normaler Fahrweise kommt sie mit 5 bis 6 Liter aus, bei strammer Fahrweise nimmt sie auch 7 bis 8 Liter. Zudem schlürfen Motoren mit höherer Laufleistung auch das Öl gleich in größeren Gebinden. Bis zu zwei Liter auf 1000 Kilometer können verschwinden. Ansonsten aber trumpft der betagte Renner besonders in punkto Laufleistung und Zuverläßigkeit auf.


Wer im bunten Bol d'Or Reigen mitmischen möchte, braucht nicht allzu viel Startkapital. Reparaturbedürftige Exemplare gibt es bereits unterhalb der Euro 1000 Marke. Die Grenze für CB750F (RC04) und CB900F (SC01) sind dann, abhängig von den Faktoren Zustand, Laufleistung und Zubehör ist nach oben offen. Ein Trend zum Liebhaberpreis zeichnet sich zur Zeit schon ab, vor allem dann, wenn es sich um einen unverbastelte Originalzustand handelt. Die Auswahl ist groß, wobei die Modelle SC09 und SC11 hier im oberen Preissegment liegen. Ganz tief in die Tasche muß man greifen, wenn man auf eine CB1100R (SC05/SC08 Modellpflege) aus ist, hier liegt der Marktpreis schon locker im 5-stelligen Bereich.
Ein absoluter Exote ist die CB900C (SC04), ein Custom-Bike mit 10 Gängen und Kardanantrieb, die für den amerikanischen Markt gebaut wurde.
Und dann gab es da noch eine Supersport Variante mit sage und schreibe 6 Zylindern, 6 Vergasern und einer 6in2 Auspuffanlage, die CBX1000 (SC03/SC06 Modellpflege), die in der gleichen Zeit, wie die Bol D'Or gebaut wurde und vom Äußeren der Bol D'Or sehr ähnlich sieht. In der letzten Modellpflege auch dann mit einen Zentralfederbein in der Version CBX Prolink Supersport, weniger Supersport als vielmehr Sporttourer. Preis für die CBX liegen ab € 10.000 aufwärts.
Der Vollständigkeit zuliebe, das Modell SC02 war die erste Gold Wing GL1100, bereits damals ein mächtiges Paket. Die Modelle SC07 und SC10 und ob es jemals solche gab, konnte ich nicht herausfinden. Das dedizierte Nachfolgemodell war die VF1000F mit Vollverkleidung und einen V4-Motor. Sie trug zwar auch die Bezeichnung Bol D'Or, aber damit konnten sich echte Bol D'Or-Fans nur sehr schlecht anfreunden und die VF1000F führte ein Mauerblümchen-Dasein, leider völlig zu Unrecht. Ähnlich wie die CBX1000 war sie eher ein Tourer als ein Supersportler. Als die legitime Nachfolgerin wird häufig die CBX750F (Modell RC17) angesehen, vorerst der letzte 4-Zylinder-Reihenmotor von Honda.

Die Ersatzteilversorgung ist im Bereich Hochwertteilegewinnung momentan gut bis sehr gut. Bei den Hondavertragshändlern ist die Versorgung weitgehend eingestellt, allerdings sind aber auch noch Restbestände erhältlich. Auf dem Gebrauchtteilemarkt und bei diversen Auktionsbörsen kann man immer wieder fündig werden.


Bei der Besichtigung mehrerer Bol d'Or wird auffallen, daß sich die wenigsten noch im Originalzustand befinden. Verkleidungen, GabeIstabilisatoren, Lenkungs- und Stoßdämpfer aller Art, wahre Brülltüten von Auspufftöpfen da lohnt es sich zunächst, die Eintragungen im Fahrzeugschein auf Vollständigkeit zu kontrollieren, um beim nächsten TüV Termin wieder die heiß ersehnte Plakette erlangen zu können.

Dann eine argwöhnisch äugende Runde um das Motorrad:

  • Ist die Auspuffanlage an oder gar durchgerostet?
    Die komplette Original Anlage kostet nämlich fast Euro 1000. Auch ein einzelner Auspufftopf ist mit Euro 400 sehr teuer, also besser sehr genau hinschauen.

  • Sind Sturzspuren am Lichtmaschinendeckel zu sehen? Wenn ja, könnte der Rotor innen am Stator reiben mit der Folge, daß die Wicklungen des Stators bald durchgescheuert sind, ein neuer Stator kostet über € 200. Dieser Defekt ist übrigens schon bei Motorrädern aufgetreten, die lediglich umgekippt sind.

  • Auch die Gabelstandrohre sollte man einem kritischen Blick unterziehen. Schleifspuren und/oder Öl an den Standrohren deuten auf defekte Gabelsimmerringe hin.

  • Ist der Motor überall dicht? Die frühen Baujahre ölten durch Kapillareffekte gern über die Stehbolzen nach außen. Ein lästiger Schönheitsfehler mit aufwendiger Abhilfe, wenn man es richtig machen will: Die Stehbolzen werden einzeln mit zwei gekonterten Muttern herausgedreht, an einer Stelle mit zwei bis drei Lagen Teflonband umwickelt und wieder eingeschraubt. Manchmal soll es allerdings auch funktionieren, lediglich die Hutmuttern auf den Stehbolzen von unten mit Dichtungsmaße zu bestreichen.
    Noch viel aufwendiger wird es, wenn die Zylinderkopfdichtung undicht ist, da sich der Kopf nur bei ausgebautem Motor demontieren läßt. Wer's nicht selbst reparieren kann, darf getrost mit Euro 600 Werkstattkosten rechnen.

    A propos selbst reparieren: Gutmeinende Vorbesitzer tragen nach einer Demontage des Motors reichlich und oft auch zuviel Dichtmaße auf die Dichtflächen auf, die sich dann im Inneren des Motors und später letztendlich auf, dem Sieb der Ölpumpe wieder findet. Wenn dieses Sieb verstopft ist, sind gravierende Motorschäden nicht mehr weit.
    Alarm also, wenn nach dem Anlaßen des Motors die Öldruckkontrollleuchte nicht verlischt.


  • Beim Druck aufs Anlaßerknöpfchen sollten übrigens auch nur ganz normale Anlaßergeräusche zu hören sein. Wenn es rasselt und scheppert, können sich die Schrauben im Anlaßer Freilaufkörper gelöst haben, ein recht häufiger Defekt. Einkleben der Schrauben bringt dauerhafte Abhilfe.
    Ein weiteres Manko am Anlaßer, welches auch recht häufig auftritt, ist der Freilauf selbst. Hört man beim Anlaßen ein schrilles Durchdrehen, dann erfordert der Anlaßerfreilauf etwas Aufmerksamkeit. Entweder sind die Federn der Anpressrollen verschlissen oder einfach nur mit Ölschlamm verdreckt. Aber dies ist kein allzu großes Problem. Zum einen sind die benötigten Ersatzteile relativ günstig, andererseits ist der Anlaßerfreilauf von außen gut zugängig, so daß auch bei einem Werkstattaufenthalt nur minimale Kosten (ca. 150 bis 200 Euro) anfallen.

  • Ertönen normale Geräusche, aber der Motor springt zuerst überhaupt nicht und dann nur "Topf für Topf" an ist das meist kein Defekt, sondern nur ein Zeichen dafür, daß dieser Motor seit einigen Wochen nicht mehr gelaufen ist. Durch die überdurchschnittlich stark be- und entlüftete Vergaseranlage verflüchtigen sich die zündfähigen Bestandteile des Benzins hier anscheinend schneller als bei anderen Motorrädern.
    Tipp:
    bei längeren Standzeiten empfiehlt sich die Verwendung von Startpilot um ein gleichmäßiges Zünden aller Zylinder zu gewährleisten. Ansonsten können einzelne Zylinder sehr rasch mit Benzin überflutet werden, was zu nassen Zündkerzen führt und die Bol D'Or läuft nicht auf "allen Zylindern".


  • Zurück zu den Geräuschen:
    übermäßiges Rasseln stammt meist von den beiden Steuerketten, die oft in Eigenregie nicht sachgemäß gespannt werden. Es sind bei der Bol d'Or Fälle bekannt, wo eine zu lose Steuerkette den Kettenschacht geradezu durchgesägt hat.
    Daher, auch für Noch Besitzer, das richtige Vorgehen.
    In Stichworten:
    auf jeden Fall Ventildeckel demontieren;
    Steuerketten durch leichtes Drehen der Kurbelwelle auf Zug bringen;
    zuerst die Klemmschraube auf der Einlaßseite lösen und wieder anziehen;
    danach die Klemmschraube auf der Auslaßseite lösen und auch wieder anziehen - Vorsicht aber...diese ist gekontert;
    falls die Spanner klemmen, mit der Hand gefühlvoll nachhelfen;
    beim Anziehen der Schrauben auf das richtige Drehmoment achten !! Ventildeckel drauf - fertig.
    übrigens empfiehlt sich die Investition eines Drehmomentschlüßels allemal, da man ganz leicht die empfindlichen Schraubengewinde überdrehen kann. Empfohlener Bereich von 0 bis 60 NM, als Qualitätswerkzeug kann man da schon mit Euro 200 rechnen, Billigteile taugen nicht viel !

    Als Abschreckung: Für den Austausch der beiden Steuerkettenspanner samt Steuerketten läßt sich die Werkstatt mit rund Euro 800 fürstlich entlohnen.

  • Bei der Probefahrt sollte der Motor gleichmäßig hochdrehen.

    Zündaussetzer zwischen 7000 und 8000/min laßen eine defekte Geberplatte der Zündung vermuten, Kostenpunkt zirka 160 Euro.

    Macht die Leistungsentfaltung dagegen einen verstopften Eindruck, ist wahrscheinlich tatsächlich etwas verstopft der Luftfilter nämlich. Besonders schnell passiert das, wenn zuviel Motoröl in den Motor geschüttet wurde. Das überflüßige öl verläßt nun den Motor über die Kurbelgehäuseentlüftung wieder, und die mündet eben in das Luftfiltergehäuse. Einige Bol D'Or-Fahrer bauen daraufhin die Entlüftung so um, daß der Schlauch nicht mehr im Luftfiltergehäuse, sondern in einen kleinen Behälter endet. Damit ist das Problem aus der Welt.

  • Bei Motorrädern mit höherer Laufleistung, also ab zirka 50 000 Kilometern, sollte verstärkt auf die ordnungsgemäße Funktion der Ventilführungen und Ventilschaftdichtungen geachtet werden. Am besten geht das, indem ein Bekannter hinterherfährt: Treten beim Gaswegnehmen blaue Qualmfahnen aus dem Auspuff, sind höchstwahrscheinlich eben diese Führungen oder Dichtungen hinüber. Allein für den Austausch der Ventilschaftdichtungen berechnet die Werkstatt dann ca. Euro 500.


    Die Liste der möglichen Fehler war jetzt lang...
       dennoch ist die Bol d'Or ein zuverläßiges Motorrad
    .
        Auf die richtige Pflege kommt es an.
          Dann wird sich die Schüssel CB 900 F
             von der goldenen Seite zeigen.

     
 

  Stärken:
 
  •  langlebiger kräftiger Motor
  •  komfortables Fahrwerk
  •  solide Verarbeitung
  •  günstige Gebrauchtpreise
  •  hohe Zuverläßigkeit
  Schwächen:
 
  •  Pendelneigung bei hohen Geschwindigkeiten
  •  hoher Benzinverbrauch
  •  Motorundichtigkeiten bei frühen Modellen
  Quelle: diverse Motorradartikel zum Thema Bol D'Or